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Beskrivelse
Zeuge zu sein bedeutet, einfuhlsam zu sein. Was ist damit gemeint?In einem Gerichtsverfahren wird von einem Zeugen nur verlangt, genau zu sein und faktentreu zu berichten. Wer sich jedoch unaufgefordert dazu entschlie t, gegen alle Widrigkeiten und politischen Widerstande auszusagen, befindet sich in einer anderen Position. Er beansprucht, Gefuhle zu teilen. Unausgesprochen nimmt er an, dass seine Emotionen an sich schon Fakten der Geschichte oder sogar Ausdruck politischer Haltungen sind. Das dokumentiert Victor Klemperers Tagebuch in der Lekture von Georges Didi-Huberman. Klemperer schrieb es zwischen 1933 und 1945 heimlich in Dresden, wo er als Jude die gesamte Entfesselung der nationalsozialistischen Unterdruckung durchlitten hat. Es ist ein au ergewohnliches Zeugnis aufgrund seiner genauen Analyse der totalitaren Funktionsweise von Sprache, die Klemperer als Philologe vornimmt. Aber das Tagebuch beeindruckt auch durch die Sensibilitat des Autors, seine an der Literatur geschulte Offenheit fur die Komplexitat der Affekte und die ethische Position des Teilens, die diese Sensibilitat voraussetzt. Georges Didi-Huberman zeigt, wie sich mit der totalitaren Sprache und der Niederschrift dieses Tagebuchs zwei Positionen gegenuberstehen, die mit affektivem Geschehen kontrar umgehen. Es handelt sich um einen politischen Kampf, der in jedem Winkel, jeder Wendung dieser wertvollen Schrift und dieser wertvollen Zeugenschaft lesbar wird.