Yvan Golls Gedicht "Paris brennt"

Die Zagreber Erstfassung von Yvan Golls (1891-1950) Gedicht "Paris brennt", einem der l ngsten und zugleich vielschichtigsten Gedichte innerhalb der deutschsprachigen literarischen Avantgarde, ist bislang in der Forschung weithin unber cksichtigt geblieben, wohl nicht zuletzt deshalb, weil sie - 1921 als Sonderdruck der Zagreber Literaturzeitschrift 'Zenit' (und damit auch als programmatisches Werk des kurzlebigen 'Zenitismus') erschienen - der allgemeinen Aufmerksamkeit entr ckt und schwer zug nglich war. Diese urspr ngliche Version enthielt im Vergleich zu den sp teren, bekannteren Fassungen (Paris 1923, franz sisch; Berlin 1924, deutsch) nicht nur deutlich mehr Text, sondern z.B. auch einmontierte Postkartenmotive und collagenartige Fremdsprachenzitate anderer Dichter, was den avantgardistischen Impetus bei weitem deutlicher hervortreten l t. Bei genauerer Betrachtung erweist sich Golls Gedicht, welches in Hinblick auf seine Anbindung an die romantische Avantgardetradition (insbesondere etwa Apollinaires "Z ne" oder Huidobros "Ecuatorial") in der deutschsprachigen Literatur einzigartig dasteht, als eklektizistischer Versuch, die seit dem Startschu der Avantgardebewegungen durch den italienischen Futurismus herausgebildeten Errungenschaften modernistischen Schreibens in einem Text zu vereinen. Unabh ngig davon, f r wie berzeugend man das Ergebnis halten mag, bildet "Paris brennt" in seiner Vielschichtigkeit einen nahezu idealen Ausgangspunkt zur weitergehenden Erl uterung einiger der entscheidendsten avantgardistischen Verfahren. So wird es m glich, verschiedene Arten von Montage/Collage und Simultanismus sowie deren Anbindung an die vitalistisch grundierte Idee der Simultaneit t systematisch zu analysieren.