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Beskrivelse
Was im Marchen zur Darstellung kommt, geht uns an, ob wir wollen oder nicht. Denn im Marchen gestaltet sich das Gegebene um in eine Welt-fur-uns, wie sie sein sollte, wenn das unbedingte Verlangen nach Gluck etwas zahlen wurde. Das geschieht nach strengen und einfachen Formprinzipien, die wir spontan befolgen, weil es fur uns als Erzahler und Horer und Leser eine Gluckspramie gibt: Unser Liebes- und Behauptungswille triumphiert, geradlinig und ungebrochen. Existentielle Grundthemen des Marchens nach dem Muster der Bruder Grimm sind: Aufbruch in die Fremde und die Sehnsucht, bei schutzenden Eltern geborgen zu sein; mannliches Kraftemessen und weibliche Autonomie; mannliche Bemachtigungslust und weibliches Gemeinschaftsgluck; das Gluck geschwisterlicher Loyalitat; der ungleiche Kampf der Geschlechter und die Freiheiten des Alters. Die Fahigkeit, Geschichten so zu erzahlen, dass in symbolischer Verdichtung das Personlichste zum Ausdruck kommt, wird in der Praxis der Marchenkommunikation erworben. Das zeigt der umfangreiche Bestand an Texten, die Schuler und Schulerinnen unterschiedlichen Alters in Ostdeutschland und der Schweiz geschrieben haben. Diese Texte wurden strukturanalytisch untersucht und erbrachten eindrucksvolle Befunde uber die Art, wie Kinder und Jugendliche das Gegebene zur Welt-fur-uns umgestalten. Wenn Kinder und Jugendliche Marchen schreiben, so ist fur sie der Aufbruch in die Fremde, sei er freiwillig oder unfreiwillig, von absolut vorrangiger Bedeutung, bei den jungeren und bei den alteren. Madchen und Jungen gehen dabei unterschiedliche Wege. Jugendliche experimentieren mit der Form: Neben die Geschichte mit Happy End tritt die tragische Form, das Antimarchen, das den Helden vernichtet. Liebe und Erotik sind fur Kinder und auch fur Jugendliche keine zentralen Themen, und wenn, dann sind hier die Madchen auf erfindungs- und symbolreiche Art kreativ.