Tränen aus Eis

TR NEN AUS EIS ist das bemerkenswerte Manuskript einer Frau, die nichts erfunden, sondern alles durchlebt hat, wor ber sie schreibt. Das Interesse der Deutschen an den Aktivit ten des DDR-Regimes und dem damit verbundenen Schicksal betroffener B rger wurde mit dem beraus erfolgreichen und inzwischen Oskar(R)-pr mierten Kinofilm "Das Leben der Anderen" deutlich. Andere schockierende Machenschaften, wie Zwangsadoptionen in der DDR, um die in diesem Buch geht, sind jedoch immer noch ein relativ unbekanntes Thema. Erste Reaktionen von Menschen und Medien, die von diesem Thema erfahren, zeugen von gro er Betroffenheit und dem Gedanken, dieses Thema an die ffentlichkeit zu bringen. Im ersten der drei Teile schildert uns die dokumentarische Erz hlung eine Milieustudie der DDR, die Eva, die Protagonistin des Buches in einer ambivalenten Kindheit erlebt. Die idyllischen Momente im Haus der Gro mutter bleiben nicht lange erhalten, hart ist der Alltag mit einer liebesunf higen Mutter und ohne Vater. Kaum der Kindheit entwachsen, schliddert sie von einer ungeliebten Beziehung in die andere - ungl ckliche Partner- und Mutterschaften sind vorprogrammiert. Nach einer Reihe schwerer Schicksalsschl ge und fingierter Anschuldigungen wird sie von den Beh rden des Sorgerechts f r ihre Kinder enthoben und verb t eine mehrj hrige Haftstrafe. Die Jahre der Haft und die Adoption ihrer Kinder enden nach endlosen Qualen in einer Ausreise in den Westen. Dort versucht sie "normale" M nner- und Familienbeziehungen zu leben, stellt aber schnell fest, dass sie - traumatisiert und neurotisch - immer wieder dieselben Muster durchlebt. Ihre M nner sind gewaltt tig und Alkoholiker, die Spirale dreht sich immer weiter ins Verderben. Als sie von einem ihrer M nner zur Prostitution gezwungen wird, eskaliert der jahrzehntelange Raubbau am eigenen K rper in einem Selbstmordversuch. Am absoluten Tiefpunkt angekommen, erwartet ihr Leben dann aber eine Wendung. Der Bruder ihres Ehemanns wird zuerst zum Geliebten, dann zum Partner. Die Dinge scheinen besser zu gehen. Statt weiter ein kleinb rgerliches Leben zu f hren, brechen sie mit Evas beiden j ngsten Kindern in einem Wohnwagen auf, um eine neue Heimat zu finden. Der letzte Teil handelt von der Aufarbeitung Evas mit den Schatten ihrer DDR- Vergangenheit. Sie begibt sich auf die Suche nach ihrem tot geglaubten Vater und findet ihn und auch ihren vergessenen Halbbruder wieder. Schwierig gestalten sich jedoch die Versuche, den Frieden mit der Mutter zu machen und die beiden ltesten Kinder zu finden, die ihr einst in der DDR weggenommen worden waren. Die Recherche der eigenen pers nlichen Katastrophe in der Vergangenheit bildet f r den ganzen Roman einen ungewissen Ausgang und verleiht ihm dadurch eine durchgehende Spannung. Das Ende bleibt offen. Aus dieser dokumentarischen Erz hlung spricht mit einer nicht zu verkennenden, pers nlichen Stimme, die weit weg ist von den blichen Ostzonen-Klischees. Hier wird die DDR nicht mystifiziert dargestellt, wir finden hier den wahrhaftigen Blick der Autodidaktin Eva, die ihre ganz pers nliche Sichtweise in die Geschichte mit einbringt. Eine authentischere Perspektive kann es nicht geben. Es ist ihr Leben - nicht nur eine Geschichte ber eine sozialistische Diktatur. Auffallend ist auch eine grundtiefe Ehrlichkeit, die dem Leser vor lauter Offenheit beinahe weh tut. In ihrer lakonischen Erz hlweise zeigt sich die "innere Milieustudie" einer Geschundenen, einer Gedem tigten, einer H rigen, einer zur Asozialen und kriminell Gemachten - einer Frau, die sich mit den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen will und der es letztlich gelingt, doch noch zu einer erf llten und gl cklichen Existenz zu gelangen. Das offene Ende ist wie das wahre Leben - sp ter sieht es immer anders aus