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Beskrivelse
Im spaten 17. und fruhen 18. Jahrhundert hielt der Scharlatan Einzug in den europaischen Gelehrtendiskurs. Aus den Marktschreiern und Verkaufern von Wundermitteln, auf die sich das Wort ursprunglich bezog, wurde eine Figur der polemischen Diffamierung und der Gelehrtenkritik. Dabei zeugt die Figur des Scharlatans nicht allein von einer Auseinandersetzung mit dem Problem des Betrugs, das allezeit die Wissenschaften begleitet, sondern in erster Linie vom sozialen und epistemologischen Wandel, der sich in der Gelehrtenkultur vollzog. Mit Hilfe des Scharlatans lieaen sich ex negativo jene wissenschaftlichen und moralischen Ideale formulieren, die sich der theoretischen und methodischen Neuorientierung der Wissenschaften verdankten und die ihrer allmahlichen Professionalisierung und Institutionalisierung zugrunde lagen. So signalisierte die intensive Verfolgung und Aufdeckung gelehrter Scharlatanerie nicht zuletzt die Exklusionsbereitschaft und -fahigkeit der Gelehrtengemeinschaft und etablierte diese somit gegenuber einer allgemeinen Offentlichkeit als einzig legitime und kompetente Instanz der Beurteilung wissenschaftlicher Leistung. Dieser Band interessiert sich daher nicht fur die Entlarvung oder Rehabilitierung einzelner "Scharlatane," sondern fur die Funktionalisierung der Figur in Diskursen der sozialen Modellierung von Gelehrsamkeit. Die Beitrage widmen sich dem Scharlatan aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Literatur-, Kunst-, Medizin- und Wissenschaftsgeschichte und lassen damit die kulturelle Reichweite dieser Figur und ihre uber die Fruhe Neuzeit hinausreichende Bedeutung fur die Konstitution des neuzeitlichen Wissenschaftssystems erkennbar werden.