Immanentismus und konjunktives Denken

Die Untersuchung lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Tradition der Naturphilosophie, deren Konturen im philosophiehistorischen Bewu tsein vollkommen unscharf geworden sind, und erschlie t ihre Bedeutung f r sthetik und Literaturforschung. Sie betrifft vor allem Johann Friedrich Herbart, Rudolph Hermann Lotze und Gustav Theodor Fechner, die einerseits zum Teil selbst Naturwissenschaftler waren, andererseits die Ergebnisse der Naturforschung auf eine monistische Weltinterpretation anzuwenden bestrebt waren, in der der Kantische Dualismus von Sinnen- und Verstandeswelt keine Geltung mehr besitzen sollte. In der unter wissenssoziologischen Gesichtspunkten systematisch analysierten Situation, die gekennzeichnet ist durch den erneuten Zerfall der durch den Kritizismus "konzentrierten" Theoreme, findet Lotze zur Darstellung der M glichkeit einer zwar partikularen, aber gewissen Erkenntnis. Ihr Kriterium liegt in der "Anschaulichkeit" und sieht in der immanenten Beschreibung von Naturgesetzen die Vollst ndigkeit der Welterkl rung gegeben. Die physiologische Konzeption der Natur als gleichzeitig "geregelt" und doch kontingent hat jedoch notwendig eine Diskussion zur Folge, in der das Problem des Seelischen als einer "Sinnprovinz" der Natur zum Gegenstand offener Polemik werden mu te. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich die sthetik nicht nur zu einer desillusionierenden Instanz, sondern auch zu einer Logik der emotiv und voluntativ gesteuerten Bewu tseinsakte, die sie als eine Erlebnisform von "Werten" erkennt. Die paradoxen Entwicklungsbedingungen der Moderne werden durch Aufkl rung dieser komplexen Sachverhalte durchsichtig.