Halbschwester! Nicht Aschenputtel!

Jeder m?chte Aschenputtel sein. Aber was, wenn im M?rchen Ihre Rolle die der Stiefschwester ist? In Wirklichkeit sind sie eher Statisten und nicht die Hauptfiguren in den Liebesgeschichten, die man in Filmen sieht oder in B?chern liest.

Der Regen schlug unaufh?rlich gegen die beschlagenen Fenster ihrer Wohnung und erzeugte einen hypnotischen Rhythmus, der sich mit dem Klang ihres aufgew?hlten Herzens vermischte. Lia sa auf einem knarrenden Holzstuhl, umgeben von unvollendeten Leinw?nden und Pinseln, die mit dunklen Farben beschmutzt waren, wie die Schatten, die in ihrem Kopf tanzten. Das schwache Licht der Lampe warf einen gelblichen Schein und offenbarte eine Umgebung, die ihren Gem?tszustand widerzuspiegeln schien: unaufger?umt, verwirrt und von einer sp?rbaren Unruhe durchdrungen.

In diesem Moment f?hlte sich Lia wie Aschenputtels Stiefschwester, gefangen in einem M?rchen, das nicht zu ihr geh?rte. W?hrend sich die Welt drau en weiter drehte, f?hlte sie sich in eine Nebenrolle gedr?ngt, ein Schatten, der sich heimlich zwischen den funkelnden Lichtern eines Lebens bewegte, das immer in Reichweite zu sein schien, aber nie wirklich erreichbar war. Die anderen tanzten, liebten, tr?umten, w?hrend sie am Rande blieb und mit einer Mischung aus Neid und Resignation zusah.

Oft musste sie an ihn denken, an den Jungen, der ihr Herz gestohlen und sie dann verlassen hatte, wie ein Prinz, der mit seiner wahren Geliebten weggeht. Lia f?hlte sich gefangen in einem gl?sernen Schloss, umgeben von Illusionen und unerf?llten Sehns?chten. Jeder Versuch, sich von diesem Gedanken zu befreien, f?hrte sie zu einem neuen Zusammenbruch, einem neuen Sturz in den Abgrund der Einsamkeit. Ihr Leben war zu einer Reihe von fl?chtigen Begegnungen, von oberfl?chlichen Beziehungen geworden, als ob sie versuchte, eine Leere zu f?llen, die niemand ausf?llen konnte.

W?hrend der Regen weiter fiel, stand Lia auf, ging zum Fenster und betrachtete die Welt drau en mit melancholischen Augen. Die Stadt erstrahlte in k?nstlichen Lichtern, aber f?r sie war es nur eine Fata Morgana, eine Illusion von Gl?ck, die ihr immer zu entgehen schien. In diesem Moment wurde ihr klar, dass sie, so sehr sie sich auch bem?hte, sich an die Rolle der Protagonistin anzupassen, in Wirklichkeit nur eine Halbschwester war, die dazu bestimmt war, im Schatten zu bleiben und darum zu k?mpfen, ihren Platz in einer Geschichte zu finden, die bereits geschrieben schien. Doch tief in ihrem Herzen leuchtete immer noch ein Hoffnungsschimmer, der Wunsch, ihr eigenes Schicksal neu zu schreiben und zu entdecken, dass selbst in den dunkelsten M?rchen immer Platz f?r einen neuen Anfang ist.