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Beskrivelse
Bis in die Fruhe Neuzeit ist die Ehe europaweit diejenige Institution, an der nicht weniger als die gottliche Organisation menschlichen Zusammenlebens abgelesen werden kann. Aber spatestens mit Luthers volkssprachlichem Traktat Von Ehesachen gilt die Ehe ebenso als 'offentlicher Stand' und insofern als mikrologischer Ausweis eines makrologisch gedachten Ordnungsmodells, dessen Einfluss auf die Literaturgeschichte noch immer nicht voll erschlossen ist. Das Schwerpunktheft versteht sich als perspektivische Erganzung zu den in der Mediavistik und der Kultur- und Sozialgeschichte etablierten Forschungsdiskussionen. Aus komparatistischer, neuphilologischer und neugermanistischer Sicht werden sowohl kanonische als auch lange vernachlassigte Texte in den Blick genommen. Die Beitrage fragen nach den spezifischen Leistungen der Literatur, den literarischen Aneignungsmodalitaten innerhalb eines historisch ausserst voraussetzungsreichen Gefuges. Es soll Auskunft daruber erlangt werden, wie sich die Ehe und mit ihr verwandte Leitkonzepte von Liebe, Familie oder Haushalt als Gegenstande in das strenge Gattungssystem des Druckzeitalters einschreiben, wie dort altere Erzahl- und Darstellungstraditionen aufgenommen und transformiert werden und wie sich die "Ehesachen" zuletzt einen Status als sinnstiftendes Element des literarischen Diskurses erarbeiten. Die historische und systematische Breite der hier versammelten Fallstudien soll einen Eindruck davon vermitteln, welche wissensgeschichtlichen Verflechtungen die Ehe besonders zwischen Literatur, Theologie und Rechtslehre erzeugt und welche Dynamiken sich daraus vom 15. bis zum fruhen 18. Jahrhundert in den europaischen Kulturen ergeben.