Der Staatsstreich

iDas der Schweinebucht vorgelagerte kleine Eiland "Ernesto Th lmann" sollte die Geburtsst tte einer neuen DDR werden.Es war 1972 symbolisch dem damaligen Staatsratspr sidenten der DDR, Erich Honecker, bergeben worden, ohne dass damit ein legaler Besitzanspruch auf die Insel begr ndet wurde. Zum Schenkungsakt waren die Delegation der DDR, angef hrt vom DDR-Botschaftsrat Gerhard Witten, und ihre kubanischen Freunde, die meisten Mitglieder der kubanischen Delegation waren junge Leute, die f r ihr Land 1973 zu den 10. Weltfestspielen nach Ostberlin reisen sollten, mit Fischerbooten angereist. Die Boote mussten wegen ihres Tiefgangs weit vor der von Riffen und tosender Brandung umschlossenen Insel halten. In winzigen Beibooten erreichte man, die letzten Meter zum Ufer durch das flache Wasser watend, den Strand. Inmitten der sp rlichen Vegetation hatten die denkmalsversessenen Kubaner eine vier Meter hohe Sandsteinb ste von Ernst Th lmann aufgestellt, die bei diesem Anlass unter heftigem Applaus enth llt wurde. Am Fu der B ste bekundet noch heute die kubanische Jugend ihre Verehrung f r den im KZ umgekommenen deutschen Kommunistenf hrer. In den offiziellen Atlanten allerdings wird die Insel weiterhin unter ihrem eigentlichen Namen Cayo Blanco del Sur gef hrt. Sie liegt ungef hr zweieinhalb Bootsstunden von der Schweinebucht entfernt und ist heute ein beliebtes Zentrum f r Schnorcheltouristen.Doch seit jenem denkw rdigen 19. August 1972 und vor allem nach dem Verschwinden der DDR galt dieses Fleckchen Erde einigen als letztes berbleibsel des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden. In der Casa de la Amistad trafen sich nicht nur Kubaner. Jeden Mittwochabend war das Restaurant Treffpunkt einer kleinen Gruppe ehemaliger DDR-B rger. An diesem Abend war f r sie ein etwas abseits gelegener Tisch reserviert, in dessen Mitte eine kleine DDR-Flagge stand. Aber nur, wer genau hinsah, erkannte den hrenkranz mit Hammer und Zirkel. Vor der Wende hatten sie zum DDR-Botschaftspersonal geh rt. Als Geste der Freundschaft hatten die kubanischen Beh rden ihnen den weiteren Aufenthalt auf der Insel erlaubt. Nicht alle hatten dieses Angebot angenommen. Einige waren nach Deutschland zur ckgekehrt, einige hatte die bundesdeutsche Botschaft bernommen. Die, die hier geblieben waren, hatten durchaus unterschiedliche Gr nde f r ihren Entschluss. Es gab den einen oder anderen, der sich nach einigen Jahren in der Karibik nicht mehr "europatauglich" f hlte. Andere standen dem Sozialismus immer noch sehr nahe, sie sahen keine Veranlassung, mit wehenden Fahnen zum Klassenfeind berzulaufen. Doch allen gemeinsam war, dass sie keine Familie hatten (jedenfalls nicht auf der Insel), sie trugen keine Verantwortung und waren f r das, was sie taten, niemand Rechenschaft schuldig. 31. Dezember: Einweihung des Senders "Studio DDR" Auszug aus der Begr ungsansprache des Studioleiters: "Ich begr e seine Exzellenz Dr. Kunz, den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Havanna, zur Einweihung unseres Senders "Studio DDR." Zu unserer ersten Sendung, der hoffentlich noch viele weitere folgen werden, und ich m chte mich ganz herzlich bei ihm daf r bedanken, dass er unserer Einladung Folge geleistet hat. Der Abschluss dieses Jahres bietet Anlass zur Besinnung, R ckbetrachtung und Vorschau auf die Zukunft.Es ist jetzt vierzehn Jahre her, dass das Experiment des ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden schm hlich scheiterte. Die Union der Sowjetrepubliken erlag kapitalistischen Sirenenkl ngen und lie ihre Bruderstaaten im Stich. Auf sich allein gestellt, umgeben von Feindesland, war die DDR nicht berlebensf hig. Sie erlag dem wirtschaftlichen und politischen Druck ihrer Gegner..."Die Kamera machte einen Schwenk, vom Band ert nte "Auferstanden aus Ruinen..." Dann wurde der Bildschirm dunkel.