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Beskrivelse
Die Fallstudie fuhrt zu Fundamenten des deutschen Haftungsrechts. Das Umsturzen eines morsch gewordenen Baumes stellte das deutsche Reichsgericht im Jahr 1902 vor die Frage, ob ein Baumeigentumer dem geschadigten Grund- stucksnachbarn zum Ersatz verpflichtet ist. Das Reichs- gericht beantwortete diese im BGB nicht ausdrucklich geregelte, auf der Schnittstelle zwischen Eigentumsfreiheit, Sozialbindung des Eigentums und Haftungsausgleich liegende Frage mit einer folgenreichen Begrundung, die anmutet wie die Erfindung der Interessenjurisprudenz vor Philipp Heck. Die Studie ergrundet die methodischen Leitlinien und rechtspolitischen Motive des heute viel zitierten, aber wenig gelesenen Urteils. Die Uberzeugungen jener Reichs- gerichtsrate von richterlicher Freiheit und sozial gerechter Risikoverteilung bieten ein Beispiel dafur, wie Richter im Kaiserreich auf die Kodifikation des BGB reagierten. Ausgehend von dem Begrundungskonzept der Reichsgerichtsrate wird die Entwicklung der Verkehrspflichthaftung im 20. Jahrhundert analysiert, die aus geltendrechtlicher Perspektive bisweilen als ausufernd und problematisch aufgefasst wird. Ein interdisziplinarer Erklarungsansatz beleuchtet die Bedeutung irrationaler Entscheidungsfindung im Bereich des richterlichen Fahrlassigkeitsurteils und zeigt, dass kognitions- und gedachtnispsychologische Erkenntnisse auch fur die rechtshistorische Forschungsarbeit fruchtbar gemacht werden konnen.