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Beskrivelse
Sebastian Sievers weist strukturelle Parallelen nach zwischen der von Hirnforschern und Philosophen gefuhrten Debatte um die menschliche Willensfreiheit und der theologischen Kontroverse Martin Luthers mit Erasmus von Rotterdam. Beide Debatten sind demnach gekennzeichnet durch die Fragestellung, in welcher Weise der Wille durch ihm fremde Faktoren bestimmt sei. So haben jungst Vertreter der Neurowissenschaften die Ansicht verfochten, dass der Wille im Rahmen deterministischer Naturkausalitat ganzlich unfrei ist. Die Parallelitat zum theologischen Disput ergibt sich dem Autor dabei durch eine strikt deterministische Lesart der Lutherschrift De servo arbitrio. Einzig in dieser Lesart kommt Luthers Rede von der Schopferallmacht Gottes zu ihrer vollen Ausdeutung. Im Gegensatz zu einem breiten Strom der Lutherinterpretation vertritt der Autor die Determination des menschlichen Willens auch in den weltlichen Dingen - in inferioribus - als ein unentbehrliches Element der Theologie Luthers.Anhand von Luthers Verwendung der Funktion des gottlichen Gesetzes legt Sievers einen normativen Uberschuss seitens der Theologie gegenuber den deskriptiven Naturwissenschaften frei. Unter der Anklage des Gesetzes fuhrt die Einsicht in die eigene Unfreiheit zunachst zum Widerstand gegen Gottes Allwirksamkeit. Allein unter der Wirkkraft des Evangeliums kann die gottliche Allmacht im Vollzug des Glaubens als lebensbestimmend angeeignet werden. Damit wird ein spezifisch christlicher Freiheitsbegriff vorgestellt, der die umfassende Bestimmtheit des Menschen durch Gott bejaht und sie als "ermoglichende Bedingung" (Habermas) fur den gelingenden Lebensvollzug des bestimmten Selbst begreift.