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Beskrivelse
Als am 9. Oktober 1989 auf den Strassen Leipzigs der Ruf Wir sind das Volk erscholl, konnte kaum jemand ahnen, dass damit eine Zasur von weltpolitischer Bedeutung einen ihrer Anfange nahm. Was als Selbstermachtigung der DDR-Burger gegenuber der Staatsmacht begann, endete im Zusammenbruch der Blockkonfrontation, die die so fest gefugte Nachkriegsordnung pulverisierte. Heute, dreissig Jahre spater, scheint zwar noch immer sicher, dass 1989 einen tiefen Einschnitt in der Erfahrung und Deutung des Erlebten bedeutet. Es hat sich mittlerweile aber auch gezeigt, dass unterhalb des Bruchs Kontinuitaten fortwirkten, die eine Befragung des Zasurcharakters von 1989 notwendig erscheinen lassen. Die Hoffnungen, die mit dem Ende der Blockkonfrontation einhergingen, sie haben sich weltweit deutlich abgekuhlt. Ein neuer Kalter Krieg, die Ruckkehr des Autoritarismus, die rechte Regression, all das greift ebenso um sich, wie der Klimawandel, der neoliberale Umbau von Staatlichkeit oder die Spaltung von arm und reich. 1989/90 ist fur den Westen womoglich starker eine Fortsetzungs- denn eine Bruchgeschichte. Nicht das postmaterielle Programm der SPD, sondern die Kontinuitat schwarz-gelber Regierungspraxis uberdauerte den Niedergang der DDR. Als in den fruhen neunziger Jahren Unterkunfte von Asylbewerbern brannten, manifestierten sich hier nicht Entwicklungen, die erst 1989 eingesetzt hatten, die Fremdenfeindlichkeit wurzelte vielmehr im Unvermogen und Unwillen bereits zu DDR-Zeiten, die wachsenden rechtsradikalen Szenen zwischen Rostock und Suhl zu bekampfen. Ein Davor und Danach, so eindrucklich es fur 1989 Geltung beanspruchen mag, es erzahlt nicht die ganze Geschichte von 1989.